Kultur Kolumne


Nackedeis am Strand von Hiddensee

Strandkorb auf Hiddensee

Sanddorn, Heidegras und Efeu – das ist die Welt von Gerhart Hauptmann auf Hiddensee. Rüdiger Bernhard geht auf der kleinen Ostseeinsel vor Rügen auf die Spuren des Nobelpreisträgers für Literatur mit schlesischen Wurzeln.

Der Autor und Hiddensee – Auf den Spuren von Gerhart Hauptmann

Das Buch liefert spannende Hintergründe zur Entwicklung von Hauptmanns Werk, das zu großen Teilen auf Hiddensee entstand. Das Sommerhaus Hauptmanns auf der Insel ist bis heute eine Pilgerstätte für Fans und Verehrer des Schriftstellers geblieben. Dort holte sich Gerhart Hauptmann die Inspiration. Auch für Nicht-Hauptmann-Liebhaber gräbt Rüdiger Bernhard kurzweilige und unerwartete Details zum Schriftsteller aus. So erfährt man die Herkunft des ungewöhnlichen „T“ im Vornamen, einen Überblick über die zahlreichen Liebschaften Hauptmanns, seine Schwäche für nackte Tänzerinnen am Hiddenseer Strand und Näheres zum Capri der Ostsee, wie die Insel Hiddensee im Volksmund heißt.

Künstler, Wissenschaftler und die Kraft der Natur

Die Verknüpfungen von Hauptmanns Werk und seiner persönlichen Biographie auf der Insel, den Bewohnern und den Bekanntschaften, die er dort machte, sind so augenscheinlich, dass man feststellen muss, dass ohne seine Insel-Besuche sein literarisches Werk sicherlich nicht die Kraft und Intensität erfahren hätte und der Dichter vermutlich schon in Vergessenheit geraten wäre. Gerhart Hauptmann kam viele Jahre immer wieder auf „seine“ Insel, auf der er später auch das eingangs erwähnte Haus kaufte. Rüdiger Bernhard stellt anschaulich die Begegnungen Hauptmanns mit Künstlern und Einheimischen auf der Insel vor und bebildert das Buch mit historischen und zum Teil unveröffentlichten Fotos. Nicht fehlen dürfen natürlich die Passagen über Begegnungen mit Wissenschaftlern und anderen illustren Bekanntschaften, mit denen Gerhart Hauptmann viel und regelmäßig Alkohol trank. Kuriose Anekdoten, wie die Fotos, für die die Besucher Hauptmanns zahlen mussten, wenn sie sich zusammen mit ihm fotografieren ließen, machen die Hiddenseer Spurensuche mehr als unterhaltsam.

Sicherlich handelt es sich um ein Heimatbuch der ungewöhnlichen Art. Vor allem ist das Buch eine Liebeserklärung an den großen deutschen Schriftsteller Gerhart Hauptmann und „seine“ Insel Hiddensee. Und egal ob Tourist oder Literaturliebhaber: der nächste Inselbesuch wird mit diesem Heimat-Reiseführer ganz neue Entdeckungen bereit halten.

Ich fühlte mich göttlich leicht

Textprobe:

„1898 konnte Hauptmann nur vier Tage auf Hiddensee sein, da ihn die Nachricht zurückrief, dass sein Vater im Sterben liege. Dabei hatte ihn diesmal seine Insel besonders fasziniert: `Die Insel war so wunderbar heimatlich schön, wie noch nie zuvor. Als wir die grüne Tafel der Wiesen betraten, die sich so weit dehnt, jauchzten wir. Ich rannte und sprang und fühlte mich göttlich leicht. Der Dampfer trug uns durchs Brackwasser. Nun suchten wir, inbrünstig und sehnsüchtig, über Wiesen und Dünenhügel, durchs Heidekraut stolpernd ins Meer.“

Rüdiger Bernhardt

Wo sind denn nun die Nackedeis? Vielleicht sitzt jemand ohne Badehose oder Bikini im abgebildeten Strandkorb. Weitere Details zu diesem expliziten Thema sind im besprochenen Buch oder vor Ort am Strand von Hiddensee zu erfahren.

Buchtipp von Kultur-Kolumne.de

Hiddensee – Auf den Spuren von Gerhart Hauptmann
von Rüdiger Bernhardt
Verlag Ellert & Richter
ISBN-13: 9783831904716

Rüdiger Bernhardt

… ist Germanist, Theaterwissenschaftler und Experte für Nordistik und Kunstgeschichte. Zum deutschen Naturalismus, zur skandinavischen Literatur und zur Literaturtheorie machte er diverse Veröffentlichungen. Er ist der Vorsitzende der Gerhart-Hauptmann-Stiftung in Kloster auf der Insel Hiddensee.

Bild von Kerstin Riemer auf Pixabay.

Der Autor der kultur-kolumne.de wohnte mal in der Gerhart-Hauptmann-Allee. Dadurch gab es die Inspiration zu diesem Beitrag. Außerdem gehört er seitdem zu der Gruppe von Menschen, die das häufig vorkommende D im Vornamen des Nobelpreisträgers bei anderen anprangern.

Kommentare

7 Antworten zu „Nackedeis am Strand von Hiddensee“

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  1. Silvia

    Werd ich auf jeden Fall einmal reinschauen.

  2. Ein wirklich toller Buchtipp. Von meiner Seite aus ein klarer Kauf !

  3. Thomas Michel

    Interessanter Beitrag, der Titel hat auf jeden fall mein Interesse geweckt.

  4. Daniel

    Tolles Buch. Rüdiger Bernhardt ist ein großartiger Autor. Von der Stiftung, die er leitet, habe ich schon viel gehört!

  5. Liane

    Kein Wunder, dass diese traumhafte Insel Gerhart Hauptmann inspiriert hat. Ich war schon mehrmals da, zum letzten Mal im vorigen Jahr. Am meisten fasziniert mich immer die Langsamkeit, mit der dort die Zeit zu vergehen scheint. Mitten in der Natur, fernab von Hektik und Stress und das trotz der Touristen. Denn selbst die lassen sich von der Ruhe anstecken.
    Immer wieder träume ich davon, hier meinen Lebensabend zu verbringen. (Und dann natürlich auch ein Buch zu schreiben.^^) Aber ob mein Mann da mitmacht, wenn er kein Auto haben darf? Tja, wenn es immer noch die nakten Tänzerinnen gäbe, hätte ich wohl bessere Chancen … 😉
    Vielen Dank für den interessanten Beiträg!
    Liane (www.los-runter-von-der-couch.de)

  6. Max

    Sehr poetisch. Ich liebe es auf Reisen zu gehen und in einem Buch beschriebenen Orte zu bestauenen. Diese Erfahrung kann ich absolut jedem empfehlen.

  7. […] dritte Heimatbuch haben wir hier besprochen. Fortsetzung folgt. Fotos: Thomas Kohler@Flickr […]